Montag, 17. Februar 2014

Maxim „Meine Soldaten“


Auch die coolen Jungs haben Liebeskummer wie alle anderen. Und wie alle anderen auch schreiben sie darüber Gedichte oder wenn sie zu Höherem berufen sind Lieder. Und weil das Ganze so abgedroschen und öde ist und es schon tausend andere Leute tränenreich vorgemacht haben, denken sich die coolen Jungs, dass es weniger abgedroschen und öde wäre, wenn sie ein gar martialisches Bild bemühen. So werden in diesem Lied die Gefühle im wahrsten Sinn niedergezwungen und ausgemerzt.

Ich bau eine Mauer und sprenge die Brücken.
Systematisch jeden Gedanken an dich unterdrücken.
Die Fotos verbrennen und die Lieder zensieren.
Komme was wolle, ich darf die Kontrolle nie wieder verlieren.

Schon das zweite Wort wird lässig und ohne Not umgangssprachlich von „baue“ auf „bau“ verkürzt. Warum dann nicht auch „spreng“ statt „sprenge“? Der Texter folgt hier offensichtlich keinem Muster. Die zweite Zeile lässt neben dem Subjekt auch gleich das Hilfsverb vermissen. Das „Ich“ aus der ersten Zeile haben wir als Subjekt anscheinend noch im Sinn denkt sich der Künstler. Ob es aber „Ich muss, möchte, werde, soll, sollte, kann, könnte, systematisch jeden Gedanken an dich unterdrücken“ bedeuten soll, bleibt dem Hörer überlassen. Schön, dass der Dichter hier konsequent ist und in der dritten Zeile den Verzicht auf Subjekt und Hilfsverb etabliert. Warum kompliziert, wenn es auch schlecht geht. Die Strophe endet versöhnlich mit einem schönen Binnenreim und auch das Subjekt hat seinen zweiten Auftritt.

Alles was sich bewegt, lass ich streng überwachen,
Verdächtige Elemente sofort unschädlich machen.
Es reicht ein Zeichen der Schwäche, ein Zittern der Finger.
Ich brauch kühles Blut, denn es tut mir nicht gut, mich an dich zu erinnern.
Es tut mir nicht gut, mich an dich zu erinnern.

Erste und zweite Zeile geht in Ordnung, die Aufzählung ist diesmal grammatisch richtig. Aber warum so weitermachen? „Es reicht ein Zeichen der Schwäche, ein Zittern der Finger.“ Wofür? Um was zu provozieren oder zu tun? Sicherlich, um sofort unschädlich gemacht zu werden. Das kann man aus dem Zusammenhang schließen, aber es steht nicht wirklich da. Da hätte man die Strophe umbauen müssen, das allerdings hätte Arbeit gemacht und der schöne Reim wäre auch in Gefahr. Wobei – Finger/erinnern? Nee, ist ja gar kein Reim, bestenfalls eine Klangverwandtschaft, die man Assonanz nennt. Dafür hat die letzte Zeile aber wieder einen Binnenreim: „kühles Blut, tut mir nicht gut“. Gefällt mir.

Und immer wenn mein Herz nach dir ruft
und das Chaos ausbricht in mir drin,
schicke ich meine Soldaten los,
um den Widerstand niederzuzwingen.

Ja, auch coole Jungs haben ein Herz. Ich belobige Maxim vor der Front, dass er nicht auch noch „Schmerz“ gereimt hat. Dafür bricht aber Chaos aus und zwar in ihm drin. Ich möchte mir das nicht bildlich vorstellen, nehmen wir es als das was es ist: Ein Gleichnis.
Wenn ich mal einen Verein gründe, dann den Verein zum Verbot des Reims von „-in“ auf „-ingen“, den junge Künstler dadurch rechtfertigen, dass sie beim Vortrag zum Beispiel „niederzuzwingn“ nuscheln und denken es reimt sich. Tut es nicht und gehört verboten.

Immer wenn mein Herz nach dir ruft
und es brennt in den Straßen in mir drin,
befehle ich meiner Armee alles zu tun,
um es wieder zum Schweigen zu bringen.
Bis es geknebelt, gebrochen ist und weggesperrt
und mir endlich gehorcht mein armes Herz.

Und um mich jetzt richtig wütend zu machen, haut der Texter gleich noch einmal in die Kerbe und reimt das so gar nicht lyrische „drin“ auf (nuschel, nuschel) „bringn“! Wo ist ein passender Verein der jemanden, der so etwas singt, knebelt, bricht und wegsperrt bis er schweigt?

Ein guter Soldat stellt keine Fragen.
Er läuft Runden im Park, bis die Beine versagen.
Die Stirn in den Staub wie ein Ja und ein Amen.
Ein Soldat vergisst alles,
im Falle des Falles auch den eigenen Namen.

Ich wüsste gern wie viele Bundeswehrsoldaten im Park ihre Runden drehen dürfen, aber gehen wir mal über dieses holprige Bild hinweg. „Die Stirn in den Staub wie ein“ Büßer, ein Geknechteter? Das würde gehen, aber „wie ein Ja und Amen“? Da lockten anscheinend die Jungs am Stammtisch und Maxim musste schnell weg und wollte fertig werden. Überhaupt wirkt die ganze Strophe überflüssig und scheint nur den Song zu füllen.

Doch ich brauch nur einen Verräter, eine undichte Stelle,
einen winzigen Stein für eine gewaltige Welle.
Ein Funken im Zunder und alles steht wieder in Flammen.
Die ganze Fassade klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Klappt wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Fast hätten wir den Texter abgeschrieben, aber die letzte Strophe beweist, dass da doch Talent ist. Stimmige Bilder, saubere Reime – warum nicht durchgängig so?

Warum gibt es eigentlich keine Institution, die junge Künstler zwingt sich mal auf den Hintern zu setzen, damit sie etwas genauer und ambitionierter an die Arbeit gehen und sich nicht mit jeder Zeile gleich zufrieden geben?

Fazit: Unsauber ausgeführter Text, der sich originell gibt ohne es zu sein.

Kann Maxim aber wurscht sein, es wurde trotzdem ein Hit.

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