Auch die coolen Jungs haben
Liebeskummer wie alle anderen. Und wie alle anderen auch schreiben
sie darüber Gedichte oder wenn sie zu Höherem berufen sind Lieder.
Und weil das Ganze so abgedroschen und öde ist und es schon tausend
andere Leute tränenreich vorgemacht haben, denken sich die coolen
Jungs, dass es weniger abgedroschen und öde wäre, wenn sie ein gar
martialisches Bild bemühen. So werden in diesem Lied die Gefühle im
wahrsten Sinn niedergezwungen und ausgemerzt.
Ich bau eine Mauer und sprenge die
Brücken.
Systematisch jeden Gedanken an dich
unterdrücken.
Die Fotos verbrennen und die Lieder
zensieren.
Komme was wolle, ich darf die
Kontrolle nie wieder verlieren.
Schon das zweite Wort wird lässig und
ohne Not umgangssprachlich von „baue“ auf „bau“ verkürzt.
Warum dann nicht auch „spreng“ statt „sprenge“? Der Texter
folgt hier offensichtlich keinem Muster. Die zweite Zeile lässt
neben dem Subjekt auch gleich das Hilfsverb vermissen. Das „Ich“
aus der ersten Zeile haben wir als Subjekt anscheinend noch im Sinn
denkt sich der Künstler. Ob es aber „Ich muss, möchte, werde,
soll, sollte, kann, könnte, systematisch jeden Gedanken an dich
unterdrücken“ bedeuten soll, bleibt dem Hörer überlassen. Schön,
dass der Dichter hier konsequent ist und in der dritten Zeile den
Verzicht auf Subjekt und Hilfsverb etabliert. Warum kompliziert, wenn
es auch schlecht geht. Die Strophe endet versöhnlich mit einem
schönen Binnenreim und auch das Subjekt hat seinen zweiten Auftritt.
Alles was sich bewegt, lass ich
streng überwachen,
Verdächtige Elemente sofort
unschädlich machen.
Es reicht ein Zeichen der Schwäche,
ein Zittern der Finger.
Ich brauch kühles Blut, denn es tut
mir nicht gut, mich an dich zu erinnern.
Es tut mir nicht gut, mich an dich
zu erinnern.
Erste und zweite Zeile geht in Ordnung,
die Aufzählung ist diesmal grammatisch richtig. Aber warum so
weitermachen? „Es reicht ein Zeichen der Schwäche, ein Zittern der
Finger.“ Wofür? Um was zu provozieren oder zu tun? Sicherlich, um
sofort unschädlich gemacht zu werden. Das kann man aus dem
Zusammenhang schließen, aber es steht nicht wirklich da. Da hätte
man die Strophe umbauen müssen, das allerdings hätte Arbeit gemacht
und der schöne Reim wäre auch in Gefahr. Wobei –
Finger/erinnern? Nee, ist ja gar kein Reim, bestenfalls eine
Klangverwandtschaft, die man Assonanz nennt. Dafür hat die letzte
Zeile aber wieder einen Binnenreim: „kühles Blut, tut mir nicht
gut“. Gefällt mir.
Und immer wenn mein Herz nach dir
ruft
und das Chaos ausbricht in mir drin,
schicke ich meine Soldaten los,
um den Widerstand niederzuzwingen.
Ja, auch coole Jungs haben ein Herz.
Ich belobige Maxim vor der Front, dass er nicht auch noch „Schmerz“
gereimt hat. Dafür bricht aber Chaos aus und zwar in ihm drin. Ich
möchte mir das nicht bildlich vorstellen, nehmen wir es als das was
es ist: Ein Gleichnis.
Wenn ich mal einen Verein gründe, dann
den Verein zum Verbot des Reims von „-in“ auf „-ingen“, den
junge Künstler dadurch rechtfertigen, dass sie beim Vortrag zum
Beispiel „niederzuzwingn“ nuscheln und denken es reimt sich. Tut
es nicht und gehört verboten.
Immer wenn mein Herz nach dir ruft
und es brennt in den Straßen in mir
drin,
befehle ich meiner Armee alles zu
tun,
um es wieder zum Schweigen zu
bringen.
Bis es geknebelt, gebrochen ist und
weggesperrt
und mir endlich gehorcht mein armes
Herz.
Und um mich jetzt richtig wütend zu
machen, haut der Texter gleich noch einmal in die Kerbe und reimt das
so gar nicht lyrische „drin“ auf (nuschel, nuschel) „bringn“!
Wo ist ein passender Verein der jemanden, der so etwas singt, knebelt,
bricht und wegsperrt bis er schweigt?
Ein guter Soldat stellt keine
Fragen.
Er läuft Runden im Park, bis die
Beine versagen.
Die Stirn in den Staub wie ein Ja
und ein Amen.
Ein Soldat vergisst alles,
im Falle des Falles auch den eigenen
Namen.
Ich wüsste gern wie viele
Bundeswehrsoldaten im Park ihre Runden drehen dürfen, aber gehen wir
mal über dieses holprige Bild hinweg. „Die Stirn in den Staub wie
ein“ Büßer, ein Geknechteter? Das würde gehen, aber „wie ein
Ja und Amen“? Da lockten anscheinend die Jungs am Stammtisch und
Maxim musste schnell weg und wollte fertig werden. Überhaupt wirkt
die ganze Strophe überflüssig und scheint nur den Song zu füllen.
Doch ich brauch nur einen Verräter,
eine undichte Stelle,
einen winzigen Stein für eine
gewaltige Welle.
Ein Funken im Zunder und alles steht
wieder in Flammen.
Die ganze Fassade klappt wie ein
Kartenhaus in sich zusammen.
Klappt wie ein Kartenhaus in sich
zusammen.
Fast hätten wir den Texter
abgeschrieben, aber die letzte Strophe beweist, dass da doch Talent
ist. Stimmige Bilder, saubere Reime – warum nicht durchgängig so?
Warum gibt es
eigentlich keine Institution, die junge Künstler zwingt sich mal auf
den Hintern zu setzen, damit sie etwas genauer und ambitionierter an
die Arbeit gehen und sich nicht mit jeder Zeile gleich zufrieden
geben?
Fazit: Unsauber ausgeführter Text, der
sich originell gibt ohne es zu sein.
Kann Maxim aber wurscht sein, es wurde
trotzdem ein Hit.
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